Wenn Hagelkörner auf Gebäude aufschlagen, führt das bei einigen Materialien zu Dellen und Verbiegungen – im schlimmsten Fall können sogar funktionale Schäden wie Risse entstehen. Wird die Gebäudehülle dabei undicht, kann Wasser eintreten und hohe Folgeschäden verursachen. Für Betroffene bedeutet ein Hagelschaden neben den anfallenden Kosten auch grosse Umtriebe und Ärger, z.B. weil man lange auf eine Reparatur der Storen warten muss. Im Projekt «Hagelklima Schweiz» hat das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz gemeinsam mit Partnerorganisationen die Häufigkeit und Intensität von Hagelereignissen in der Schweiz vertieft untersucht. Daraus sind neue Hagelkarten entstanden, die aufzeigen, wo es wie oft hagelt und wie gross die Hagelkörner werden können. Folgende neue Kartenprodukte stehen zur Verfügung:
- Hagelhäufigkeit: Besonders oft hagelt es im Sommer und in den Kantonen Tessin, Bern und Luzern sowie entlang des Juras.
- Hagelkorngrössen: Schweizweit fällt durchschnittlich an 32 Tagen pro Jahr Hagel mit einer maximalen Korngrösse von einem «Einfränkler» (2cm Durchmesser).
- Hagelgefährdungskarten/Wiederkehrperioden: Vielerorts sind alle 20 bis 50 Jahre Hagelkörner von mindestens 3cm Durchmesser zu erwarten.
Für die Ermittlung der lokalen Hagelgefährdung wird vom Naturgefahren-Check von www.schutz-vor-naturgefahren.ch auf die neue Hagelgefährdungskarte zugegriffen. Zu beachten gilt, dass die Hagelgefährdungskarte im Gegensatz zu den kantonalen Gefahrenkarten keine Rechtsverbindlichkeit hat, sondern nur hinweisenden Charakter.
LEHA-Wiederkehrwert der Hagelkorngrösse (cm) für eine 50-jährliche Wiederkehrperiode und Referenzfläche von 100 m2.
Typische Schäden an Gebäuden
Die Lebensdauer eines Daches beträgt rund 50 Jahre. Dieser Richtwert basiert auf einer mittleren Material- und Arbeitsqualität bei normaler Beanspruchung und ist so auch der paritätischen Lebensdauertabelle des Hauseigentümerverbands und des Mieterinnen- und Mieterverbands zu entnehmen. Ein Blick auf die neuen Hagelgefährdungskarten zeigt: Fast überall in der Schweiz muss während der Lebensdauer eines Hausdaches mindestens einmal mit Hagel von 3 cm Durchmesser oder mehr gerechnet werden, vielerorts sogar noch häufiger. Ein Hagelkorn dieser Grösse prallt mit einer Geschwindigkeit von knapp 90 km /h auf. Bei nicht geprüften und nicht per se hagelfesten Bauteilen kann ein solcher Aufprall massive Schäden verursachen. Besonders exponiert ist die Gebäudehülle, d. h. Dach und Fassade. Ebenfalls häufig sind Schäden an Solaranlagen, Kunststoffelementen wie Lichtkuppeln oder freiliegenden Dichtungsbahnen sowie ästhetische Schäden an Anstrichen und Lasuren. Ebenfalls häufig werden Lamellenstoren beschädigt. Sie machen rund einen Drittel aller Hagelschäden aus. Doch diese beweglichen Bauteile haben gegenüber dem Rest der Gebäudehülle einen entscheidenden Vorteil: Sind die Storen hochgefahren, ist das Schadenpotenzial gleich null. Die darunterliegenden, modernen Fenster und Fensterrahmen sind wenig anfällig für Hagelschläge. Ein Storenersatz hingegen ist mit viel Aufwand verbunden und kann Wochen bis Monate dauern – wobei die Räumlichkeiten der Sommerhitze ausgesetzt und deshalb kaum nutzbar sind. Deshalb gilt: Bei Gewitter – Storen hoch.
Hagelschutz beginnt beim (Um-)Bauen
Hagelschäden und ihre Folgen lassen sich vermeiden – durch hagelsicheres Bauen. Deshalb sollte bei jedem Neubau und bei jeder Sanierung der Gebäudehülle an Hagelschutz gedacht werden. Je früher im Planungsprozess bedacht, desto einfacher finden sich wirksame und elegante Lösungen, die günstig sind – auch bei Umbauten und Renovationen. Dabei sind zwei Grundkonzepte zu beachten: Erstens die Verwendung robuster Materialien für die betroffenen Elemente der Gebäudehülle, zweitens das Hochziehen der besonders verletzlichen Lamellenstoren. Die Plattform www.schutz-vor-naturgefahren.ch informiert per Adresssuche über die Hagelgefährdung am Gebäudestandort und schlägt zur Situation passende Schutzmassnahmen vor. Bei Neu- und Umbauten gewährleisten geprüfte, hagelsichere Baumaterialien Schutz. Auch vorgelagerte Schutzgitter oder Netze z.B. für bestehende Lichtkuppeln aus Kunststoff lassen sich mit einem kleinen finanziellen Aufwand nachrüsten, wenn man nicht auf ein widerstandsfähigeres Produkt aus Glas wechseln will.
Hagelsichere Bauteile finden
Für Bauteile sind fünf Hagelwiderstandsklassen definiert: HW 1 bis HW 5. Die Ziffern entsprechen der maximalen Korngrösse in Zentimetern, der ein Bauteil standhält. Je höher der HW-Wert, desto höher der Hagelwiderstand. Als allgemeine und einfach umzusetzende Empfehlung gilt: die gesamte Gebäudehülle muss mindestens HW 3 aufweisen, d.h. bis 3cm grosse Hagelkörner unbeschadet überstehen. Neben diskussionslos hagelunempfindlichen Materialien wie Beton oder ausreichend starkem Glas (>= 4mm) gibt es für sämtliche Elemente der Gebäudehülle sowie für Schwimmbadabdeckungen eine Vielzahl geprüfter Produkte. Als Entscheidungshilfe dient das kostenlose Online-Planungstool www.hagelregister.ch. Die Produkte im Hagelregister werden gemäss einheitlichen Prüfbestimmungen an sechs Prüfinstituten in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland getestet. Die Gültigkeit der Zertifikate wird laufend überprüft.